„Ein wildes Museum definiere ich als einen öffentlich zugänglichen Schau-Platz oder Ausstellungsort, der durch eine Gruppeninitiative getragen und organisiert wird und dessen Existenz aufgrund mangelnder finanzieller Sicherheit nicht dauerhaft gesichert ist. Ein wildes Museum zeigt nicht die Schätze eines Privatsammlers, bewahrt und präsentiert aber eine auf ein bestimmtes Thema bezogene Sammlung.”
Die Mitarbeiter eines wilden Museums verfügen über keine (museums-)wissenschaftliche Ausbildung, sondern engagieren sich als „Alltagsexperten“ in ihrem und für ihr Museum.
Jannelli beruft sich in ihrer Aussage auf Claude Levi-Strauss' ‚Wildes Denken’, eine mythisch-magischen Weise der Weltdeutung, in der alle sinnlich erfassbaren Phänomene in einem ständig arbeitenden Deutungsprozess miteinander als prinzipiell sinnhafte verknüpft werden, in Form von imagines mundi, möglichst weltähnlichen Deutungsmustern.
Ein Unterschied zum wissenschaftlichen Denken (das Claude Levi Strauss dem wilden nicht hierarchisch über- oder – entwicklungsgeschichtlich – nachordnet) ist die Gleichzeitigkeit (Zeitlosigkeit) im wilden Denken, während das wissenschaftliche Denken Kontinuität herstellt, z.B. in Form einer Chronologie.
“Wilde Museen” entwerfen ein nicht-chronologisches ‚Weltbild’, das einer kleinen Gemeinschaft (den Trägern des Museums) ermöglicht, die – möglicherweise unsinnige (lebensgeschichtliche) Vergangenheit zu ordnen, nämlich räumlich-thematisch, und damit zu deuten.
Dabei stellt Jannelli, wiederum Levi-Strauss folgend den ‚wissenschaftlichen’ Ingenieur dem ‚Bastler’ gegenüber, der sich situativ Werkzeuge und Materialien beschafft, um auf eine bestimmte Aufgabe zu reagieren.
Angela Jannelli zieht aus ihren Überlegungen den Schluß, daß das wilde Museum der durch Diskontinuität geprägten Gegenwart gerechter wird und deshalb (was sie mit Statistiken untermauert) der weit verbreitetste Typ (Kleinmuseen; man könnte sie auch Do-it-yourself-Museen nennen) unter den aktuell gegründeten ist.
Angela Jannelli: Wilde Museen. Zur Museologie des Amateurmuseums. Bielefeld 2012.
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