Am Österreichischen Museumstag 2021 in Graz stand ein ganzer Tag unter dem Motto "Das Museum am Ende der Zeit". In zwei Panels wurden die Auswirkungen der Corona-Pandemie diskutiert, die Herausforderungen, die der Klimawandel auch an das Museum stellt und schließlich die Rolle des Museums als demokratische Institution angesichts der doppelten Krise. Zwischen den beiden Panels hatten die Teilnehmer:innen Gelegenheit, anhand einiger grundsätzlicher Fragen untereinander zu diskutieren. Sabine Fauland vom Österreichischen Museumsbund hat dankenswerterweise die schriftlich festgehaltenen Antworten transkribiert. Wir geben diese Antworten ungekürzt und unverändert wieder und danken Sabine Fauland herzlich für ihre Bemühung.
Welches Museum wünschen wir uns in Zukunft?
Ein Museum, in das meine Kinder gerne, oft und freiwillig gehen.
Eines, das cool ist: interessant, für alle von allen, nachhaltig.
Umweltfreundliches Publizieren.
Ökostrom
Airships von Breath Earth Collective
Nachhaltige Museumsarchitektur
integrativer & intensiver
Kurator_innenbeirat für Sammlungen
Ein Museum, das atmet
Ein Ort der gesamtgesellschaftlichen Wirkung erzielt
Ein Raum der klimapositiv ist
Ein Ort, der Veränderung inspiriert
Ein Museum für/von allen Menschen.
Das Museumsangestellte vom Gehalt leben können. Denn speziell am Land sind sie wertvoll.
Vernetzung der Museen Kärnten.
Ein Museum, das über seine eigene Ausstellungstheoretik hinaus wirkt.
Was ist die Hauptaufgabe eines Museums?
Zum Denken animieren.
Zeitgemäße, bereichernde Orte für Menschen, Objekte, Geschichten, Inspiration, Bildung und vielfältige Erlebnisse.
Den Menschen die Relevanz der Sammlungen zu vermitteln, Brücken schlagen.
Den Dialog anzuregen. Neue Impulse zu geben – Perspektiven & Möglichkeiten.
Den Besucher die Inhalte schmackhaft machen, damit sie den Sinn einer Ausstellung verstehen.
Auseinandersetzungen mit den brennenden Fragen der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.
Die Vieldeutigkeit der Welt entdecken und zur diskursiven Anschauung in den Raum stellen.
Da ich selbst in der Sammlung arbeite, werde ich das Sammeln & Bewahren als zentrale Aufgabe des Museums sehen. Daneben ist die Aufarbeitung & Forschung eben dieser zentral. Doch für wen machen wir das?
Für folgende Generationen?
Wie viel sammeln ist sinnvoll? Was zu viel?
Was sammeln wir?
Was passiert mit den Sammlungen?
Ist das Museum politisch?
In unterschiedlichen Betrachtungstiefen gesehen samt und sonders.
Jedes historisch orientierte Museum ohne Einschränkung
Kunsthistorische in nächst tieferer Ebene.
Ethnografische Museen – gesellschaftspolitisch
Das Museum als politischer Katalysator oder Katalysator politischer Haltungen.
Verändern uns Museen?
Es kommt auf die Erwartungshaltung an, mit dem ein Besuch begangen wird. Das erste Ankommen, die Atmosphäre & die Einladung zur Auseinandersetzung.
Als Besucher wie als Mitarbeitende.
Wenn wir hingehen ja – durch die Konfrontation mit Neuem.
Wenn gesellschaftspolitisch relevante Fragen beantwortet werden, haben Museen einen öffentlichkeitswirksameren Einfluss. Somit können sie Debatten auslösen, auf persönliche Meinungen generieren/ändern.
Besucherseite: Es sind eher die Exponate / die Kontexte / die Vermittlungskonzepte in weiterer Folge die Gedanken und die Gespräche.
* neue Perspektiven
* neue Themenfelder
* vielleicht sogar neue Interessensgebiete
Wenn wir Haltung zeigen und diese auch vermitteln
Sie können uns verändern, als Impuls, z.B. in Kontakt bringen mit neuen Themen, Aha-Momente schaffen.
Die Frage ist eigentlich: Wie schaffen es Museen, (diese) Relevanz zu bekommen für die Besucher*innen?
Ja, sie machen einen nachdenklich, eröffnen neue Sichtweisen, bereichern unser Leben, beantworten Fragen.
Museen haben einen Bildungsauftrag und tragen hinsichtlich Themensetzungen eine Verantwortung dafür.
Ja, sie können neue Blickwinkel öffnen, zu Gesprächen einladen, Brücken bauen.
Muss sich das Museum ändern?
Es ist bereits in der notwendigen Veränderung begrifflen und muss so weitermachen.
„Das“ Museum? Eine Frage, die jede Institution für sich beantworten muss. Ich gehe davon aus, dass Museen bestmöglich versuchen, auf Gegenwart und der sich veränderten Rahmenbedingungen zu reagieren und sich deswegen immer verändern … müssen.
Nicht überfrachten, Gegenstände auswählen.
Nein.
Es muss in der Mitte der Gesellschaft bleiben und dort mit allen Beteiligten sein.
Mehr Tiefe, weniger Ausstellungen im Jahr, mehr Zeit für Dialog mit BesucherInnen. Nicht „alles“ machen wollen.
Forschung und Sammlung nicht geringer schätzen. Aber persönlicher Kontakt mit den BesucherInnen könnte wirklich integriert werden.
Eine Veränderung zum Museum für alle statt dem Museum für alles.
Ein klares Ja! Museen bilden das Leben ab und Leben ist Veränderung. Alles ist im Wandel. Dem sollte ein zeitgemäßes Museum Rechnung tragen. Es gibt bereits gute Beispiele.
Ja, hinsichtlich Besuchergruppen individuell anpassen (Kinder mehr zum Erlebnis, Öffnungszeiten, etc.), Umwelt bedacht wirtschaften, Eigenständig entwickeln gegenüber Politik.
Antwort: „Eigenständig“ ist nicht gut, offen sein für alle Parteien, aber nicht vereinnahmen lassen.
Antwort: Aber stets das Thema des Museums im Mittelpunkt sehen, nicht alle aktuellen Themen einbeziehen.
Nicht jedes Museum muss sich verändern.
Jedes Museum verändert sich ständig.
Viele Museen verändern sich im Moment.
Soll jede*r das Recht haben, am Museum mitzuwirken?
Prinzipiell ja. Es sollte jedoch klar sein, dass es in bestimmten Bereichen Experten braucht, dass es Rahmenbedingungen (Mission, Sammlungskonzept, etc.) gibt.
Jein – manche Inhalte sollten immer moderiert / kuratiert reflektiert werden
Sicherlich gehört der Einfluss aller BürgerInnen mehr in die Themenwahl von Museen berücksichtigt. Bürger*innen-Räte sind hier ein guter Ansatz.
Das Kuratorische sollte allerdings bei den Fachabteilungen bleiben, da hier die Kompetenzen vorhanden sind. M. E. sollte die akitve Besucher*innen-Kommunikation online und vor allem auch on-site verstärkt werden. Gute Feedback-Kultur und ein gehört werden führt zu Multiplikatoren in eigener Sache.
Jede/r sollte seine/ihre Ideen und Anmerkungen samt Sichtweisen offen kommunizieren – da die Sammlung – besonders von öffentlichen staatlichen Museen – für alle zugänglich sind und sein sollten. Korrektive und Diskurs samt Kontextualisierung müssen jedoch ein ständiger Begleiter sein und sollten nicht ohne Museumsexpert:innen „blind“ in den Raum gestellt werden. Vermittler in – Moderator_innen – Mediator_innen sind ein wesentlicher Bestandteil für uns.
Gibt es Museumstypen, die überholt sind?
Welche Typen stehen zur Debatte?
Nein
Nicht barrierefreie Museen.
Ein Museum, das in seinem Denken stehen bleibt.
Museen, die keiner wissenschafltichen Bearbeitung standhalten
Museen, die nicht barrierefrei sind
Museen, die stagnieren
Museen, die sich nur mit der Vergangenheit beschäftigten
Volkskundemuseen, die sich mit der Volkskunde des eigenen Landes beschäftigen (s. Schloss Berlin, Gegenbeispiel: Volkskundemuseum Wien)
Museen, die ihre MitarbeiterInnen schlecht bezahlen (nicht anstellen)
Überhaupt Museen, die nicht kontextualisieren
Geschichtsmuseen, die kaiserliche Strukturen, patriarchalisch …
Museen, die das Ökosystem um sich herum zerstören
Museen, die wirtschaftlich funktionieren müssen
Museen, die ideologisch instrumentalisieren
Teilweise Personenmuseen
Wer braucht Museen?
Zukunft – als Archiv, Grundlage
Forschung
Historische Bausubstanz – damit sie erhalten wird
Öffentlichkeit – damit Räume öffentlich erhalten bleiben
Mitarbeiter*innen
Wirtschaft/Tourismus
Sind Objekte das Wichtigste am Museum?
Nicht die Objekte sind das wichtigste am Museum, sondern das was Objekte/die Inszenierung der Besucher*innen vermittelt
Wenn es kein Museum gäbe – was fehlte?
Ein Platz für unsere Sammlungen
Ein Ort abseits der Schulen/Unis zum Lernen
Die Möglichkeit, Dinge zu sehen, in deren Nähe man sonst nie kommen würde
Ein Ort der Versammlung
Es gäb keinen Ort zur Beruhigung des schlechten Gewissen
Wohin mit unseren Dingen sonst
Austausch, Horizonterweiterung, Raum für Genuss / Time Out vom Alltag, aber mit viel Möglichkeiten, die Inhalte mitzuziehen
Alles (fast)
Ich hätte viel zu viel Zeit, die ich zu füllen hätte, vor allem auch Freizeit. Wo geh ich hin?
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