Vom 3. bis 5. Juni 2022 hat museumdenken in Wien am Volkskundemuseum seine erste öffentliche Veranstaltung ausgerichtet. Für das gewählte Thema "Museumsanalyse und Ausstellungskritik" wurde auf die unter anderem durch die Corona-Pandemie verschärft sichtbare Krise des Museums (Besucherschwund, Einnahmeausfälle, Infragestellung der Ausstellungspolitik) reagiert.
Als Anstoß zu einer Debatte um die aktuelle und wünschbare Funktion von Museen schien "Museumsanalyse und Ausstellungskritik" geeignet. Beides sind unterschätzte und kaum genutzte Praktiken, die gesellschaftliche Rolle des Museums zu reflektieren und zu bestimmen.
Es mangelt einerseits an kritischer Auseinandersetzung mit Museen und Ausstellungen, andererseits dringt Kritik selten zum medialen Eigensinn des Ausstellens durch und bescheidet sich mit Beschreibungen von Biografischem oder Inhaltlichem.
In einer Panel-Diskussion wurde die skeptische Einschätzung dessen, was Ausstellungskritik betrifft, nicht unwidersprochen geteilt. Interessanterweise wurde dieser Zurückhaltung aus dem Publikum widersprochen und es gab vehemente Statements zur "Mangelware" Ausstellungskritik. Die medienökonomischen Bedingungen, die die Kulturberichterstattung insgesamt treffen, und auch die sich ändernden und verschlechternden Rahmenbedingungen, unter denen Journalist:innen arbeiten, kamen durchaus zur Sprache. Es bleibt aber die Frage, warum dann in bestimmten Sparten, etwa der Filmkritik, das Niveau allen Änderungen zum trotz ein hohes Niveau gehalten wird, bei Ausstellungen aber nicht.
Den Auftakt zur Veranstaltung bildete ein Vortrag von Roswitha Muttenthaler. Sie skizzierte Grundlagen der Ausstellungskritik, präsentierte Überlegungen, was sie leisten müsste und illustrierte an einem konkreten Beispiel ihre theoretischen Überlegungen. Diese wurden am kommenden Tag im Volkskundemuseum auf den Prüfstand gestellt: Die Dauerausstellung aus den 80er-Jahren, die vor einigen Jahren mit einer Intervention von Migrant:innen – unter dem Titel "Die Küsten Österreichs" – sozusagen durchwebt wurde, erwies sich als dankbarer Ort der Analyse.
Es zeigte sich, daß eine Ausstellung ein derart komplexes Medium ist, noch dazu, wenn es auf zwei thematischen Ebenen agiert (Dauerausstellung und Intervention), daß die Analyse ungemein anspruchsvoll und zeitaufwändig wird. Ein Vormittag reichte kaum für die ersten drei Räume. Der Nachmittag und der Vormittag des 5. Juni wurden mit Besuchen von Ausstellungen in Gruppen bestritten. Im Weltmuseum, im Heeresgeschichtlichen Museum und in der Ausstellung "Hitler entsorgen" im Haus der Geschichte Österreich.
Während sich die Gruppen zu den beiden ersten Museen (von denen selbstredend nur Abschnitte besucht wurden) ziemlich kritisch äußerten, wurde die Ausstellung im HdGÖ von der Gruppe als sehr geglückt angesehen. Hier wurde ein Stück Sammlungspolitik thematisiert, nämlich der Umgang mit der dem Museum angebotenen Objektgruppe, die die NS-Zeit repräsentiert. Man wurde hier über die rechtlichen, ethischen und museumspolitischen Rahmenbedingungen informiert, über die praktische Haltung des Museums und seine Kriterien. Ausgesuchte Beispiele illustrierten die Vielfalt der Möglichkeiten, wie Objekte akzeptiert oder abgelehnt und wie sie in Ausstellungen eingesetzt werden können. Geschickt wurde man, ohne Überforderung, in die diversen Optionen, sich zu entscheiden, einbezogen. Unterstützt von einer Gestaltung, die die Auseinandersetzung mit dem Thema förderte und gleichzeitig der Herausforderung der historistischen Monumentalarchitektur der Neuen Hofburg gerecht wurde.
Aus organisatorischen Gründen konnte es diesmal zu keiner abschließenden Diskussion kommen. Ein Treffen der Gruppe am Abend des zweiten Tages mußte zur Reflexion des Ablaufs genügen.
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