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Reliquie

Schädelreliquie im schweizerischen Engelberg. Foto: GF
Schädelreliquie im schweizerischen Engelberg. Foto: GF
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Reliquie
Schädelreliquie im schweizerischen Engelberg. Foto: GF

I

Die Reliquie scheint mir eine der vielen Techniken zu sein, die die Möglichkeit schaffen, danach noch an etwas von davor, von früher zu denken. Die Reliquie ist Moment einer Technik des Gedächtnisses. Reliquienähnliche Gegenstände gehören zum Inventar einer Institution, die für sich in Anspruch nimmt, ein Teil der Gedächtnisskultur, ein begehbares überindividuelles Gedächtnis zu sein. Reliquienähnliche Gegenstände sind Bestandteil des Museums.

Das Museum ist eine säkularisierte Form der Reliquiensammlung. Der Mangel an Glaubwürdigkeit scheint durch die prinzipielle, wenn auch nicht immer durchgeführte Berührbarkeit wettgemacht. Prinzipielle Berührbarkeit schafft Glaubwürdigkeit. Je mehr prinzipiell zu berühren ist, um so besser. Dies setzt den Aufbau von Sammlungen in Gang. Berührung scheint so etwas wie einen Zeittunnel zu eröffnen. Die zwischen dem Moment der Berührung in der Gegenwart und dem angezielten Früheren verflossene Zeit, die Distanz scheint für einen Moment aufgehoben, für den Moment der kurzen flüchtigen Berührung. Ein kleiner Kurzschluß wird erzeugt. Berührung sichert das Existenzgefühl. Zeit und Raum fallen in Eins.

In der Dynamik der notwendigen Auswahl, des Verlassens von Lebensabschnitten, der Trennung von Menschen wird die Reliquie zu einem wichtigen Vehikel. Die Reliquie, das, was zurückbleibt, übernimmt die Funktion einer Repräsentation, einer Wieder-Gegenwärtig-"Machung", ein Sprung durch die ablaufende Zeit und das Setzen eines Teiles für einen größeren Zusammenhang, für ein Ganzes. Damit werden den Toten wie dem eigenen vergangenen Leben, als "Wohnsitz einige armselige Reste" zugewiesen. (Fédida, Pierre. "Die Reliquie und die Trauerarbeit." In: Pontalis, Jean-Bertrans: Objekte des Fetischismus. Frankfurt 1972, S. 372)

"Die Toten töten", sagt Freud. "Die Reliquie verwirklicht den illusorischen Kompromiß, dessen der Mensch sich bedient, um der Todesangst widerstehen zu können, so daß es ihm niemals gelingt, die Vorstellung vom Tod mit der - Schicksal gewordenen - Notwendigkeit eines Nicht-mehr in Einklang zu bringen" (Fédida, Pierre, ebenda).

Karl-Josef Pazzini

II

Schaurestaurierung der Reliquie des heiligen Eusebius im Museum am Dom St. Pölten!

An ausgewählten Tagen wird Textilrestauratorin Elisabeth Macho-Biegler eine barocke Ganzkörperreliquie live im Museum restaurieren. Machen Sie sich selbst ein Bild von der kleinteiligen und zeitintensiven Arbeit, die im wahrsten Sinne des Wortes mitunter auch „Knochenarbeit“ ist.

Zutritt mit gültigem Museumticket zu den regulären Öffnungszeiten.

Schaurestaurierung an folgenden Terminen:

26. Juni 2021

10. Juli 2021 (12.00-16.00 Uhr)

15. Juli 2021 (10.00-18.00 Uhr)

24. Juli 2021

8. Juli 2021

13. August 2021

Weitere Termine für den Herbst werden noch bekannt gegeben!

Karl-Josef Pazzini

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