Der erweiterten Besucherschaft in der neuen Museumsöffentlichkeit wurde zugemutet, dass sie sich darin selbst orientierte und wählte zwischen den Zug um Zug erweiterten Rezeptionshilfen und -angeboten: Beischriften, Übersichten, Katalogen, Rezensionen, Mediaguide.
Die Führung ist von einer Bedingung des Besichtigens zur in Kauf genommenen oder erwünschten Dreingabe geworden.
Sie ist entbehrlich gemacht worden aber verschwand deshalb nicht aus dem Angebotsrepertoire, sondern wird nach Möglichkeit hin zur Seite der Information, der Erzählung und Wissensmitteilung qualifiziert und zielte in der neuen Orientierung ab auf einen Beitrag zum gelingenden Museumsbesuch durch gelenkte Themenvermittlung und "weiteres Aufschliessen".
In einer Schausammlungsaufstellung mit eingeschränkt zugelassener Öffentlichkeit hatte es Vorzüge einer Führungspraxis gegeben, die sich auch verflüchtigte und vergessen wurde: die Verbundenheit der Faktoten mit intrinsischer Sichtweise, ihre besondere Nähe zu Schausammlung und Initiatoren, die vorzügliche Kenntnis über Zusammenhänge, der thematische Vorsprung und die originäre Wissensentwicklung aus erster Hand, auch durch eigene Erhaltungs- und Organisierungspraxis an der Schausammlung auf vielen Ebenen.
Einiges davon ließ sich ersetzen durch Teilnahme an entwickelter und erweiterter akademischer Formalausbildung. Einstellungen objektivierten sich dann entsprechend den neuen Konstellationen (neue Formen der Ausbildung und veränderte Inhalte trugen zur Änderung der Sichtweisen bei). Museen konnten immer seltener als Orte gelten, an denen es gelang, sich für Forschung und Wissenschaftsbetrieb zu professionalisieren. Ihre eigene professionelle Verbindung zu den aktuellen Wissenschaften wurde brüchig, ihr Impuls zu lebendiger Wissenschaft und Forschung, gelegentlich auch ihre Anteilnahme wurden selbst randständig und vermittelt.
Andererseits eröffnete auch die Positionierung der Führung im Museum bei entsprechend freizügiger Auffassung eine andere, stärker wettbewerbshafte Stellung. Ihre Bedeutung, originärer Recherche raschen Ausdruck zu geben und ihrer Verbreitung zu dienen hatte abgenommen; dafür erweiterten sich die Möglichkeiten einer Führung, ein kritisch ergänzendes und weiter ausdeutendes Korreferat der musealen Bildungs- und Darbietungsbemühungen zu werden. Eben dies war dazu angetan, einem alten Anspruch auf öffentliche Diskursivität der Museumsöffentlichkeit in besonderer Weise auch aktuelle Gestalt zu verleihen.
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