Eine Glossar ist kein Lexikon. Dort findet man keine präzisen begrifflichen Definitionen sondern Erläuterungen, die um den Gegenstand kreisen dürfen wie ein kleines Feuilleton. Glossen laden zum Stöbern ein, zum Weitersuchen und -denken, zum Assoziieren, zum Abschweifen. Glosse leitet sich vom lateinischen Wort glossa ab, Zunge; Sprache. Übertragen: erklärungsbedürftiger Ausdruck, dann: Erläuterung eines solchen. Auch: spöttische Randbemerkung, polemisch-feuilletonistische Kurzform. Glossen müssen nicht strikt sachlich sein, sie dürfen einen Standpunkt vertreten, eine Suchbewegung haben, eine Irritation auslösen.
Vor allem aber: Sie beanspruchen nicht, eine Wahrheit zu vertreten. Ihre wichtigste Aufgabe ist es nicht, Antworten anzubieten, sondern Fragen aufzuwerfen, wie es in einem Brecht-Text beschrieben wird. „Ich habe bemerkt, sagte Herr K., daß wir viele abschrecken von unserer Lehre dadurch, daß wir auf alles eine Antwort wissen. Also könnten wir nicht (…) eine Liste der Fragen aufstellen, die uns ganz ungelöst erscheinen?“
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